Meine sehr verehrten Damen und Herren,
Der Angelsportverein ,,unterer Lech" e. V mit dem Sitz in Rain am Lech wurde 1955 gegründet. Damit hatte die Stadt Rain einen neuen Verein, der bald - recht bald in das Vereinsleben dieser unserer Stadt integriert wurde. Es waren 13 honorige Bürger der Stadt Rain und aus dem Umland - es waren Angler die nun in einem Verein ihr Hobby ausleben wollten.
Aber zum Angeln braucht man bekanntermaßen Fische und damit man Fische haben kann - braucht man Wasser - besser gesagt - Gewässer. Aber die Fischgewässer und die Fischrechte waren allesamt in privater oder genossenschaftlicher Hand - für einen Verein war da kein Platz.
Aber nun war eine neue Situation entstanden - nämlich ein Baggersee – der Baggersee in der Fohlenweide. Er war entstanden, weil für den Bau des Lech Kraftwerkes Kies gebraucht wurde und der Stadtrat und sein Bürgermeister die kommunalpolitische Chance genutzt hatten, das zu verkaufen, wovon die Stadt am meisten hatte - nämlich Kies.
So war der Baggersee Fohlenweide entstanden - die Angelsportfreunde hatten die Gelegenheit erkannt - die Verantwortlichen der Stadt waren mit einer Verpachtung einverstanden - aber nur an einen Verein. Und der wurde gegründet und ein Pachtvertrag geschlossen zur Nutzung als Fischgewässer.
Aber - die Geschichte bekam sehr bald einen Haken - man wollte diesen Baggersee Fohlenweide zu einem Badesee herrichten und damit dem Ruf aus der Bevölkerungen nach einem Freibad nachkommen. Es wurde gebaut - ein Kinderbecken - ein Umkleidebunker - ein Sprungbrett - Es wurde auch gebadet - das 'Wasser hatte eine gute Qualität - aber es verschmutzte - warum auch immer.
Die Stadtverwaltung hatte ihre lieben Sorgen - die Vorstandschaft des Vereins wurde zum Buhmann - die Verunreinigung konnte nur durch die Angler verursacht worden sein. Die wildesten Gerüchte geisterten durch die Stadt - es entstanden Behauptungen- man habe Ochsenblut in den See geschüttet – damit die Fische schneller wachsen - das war natürlich absoluter Unsinn - aber jeder weiß - wie schnell Gerüchte in Umlauf gebracht werden und für Ärger sorgen.
Es war also das Jahr 1955 - als dieser Verein gegründet wurde. Wer kann sich denn noch an dieses Jahr - an diese Zeit erinnern? Viele von Euch waren damals noch gar nicht geboren - viele im jugendlich Alter - Da war gerade vor 10 Jahren der 2. Weltkrieg zu Ende gegangen – die deutschen Soldaten waren gerade aus der Gefangenschaft zurückgekehrt – die Währungsreform war gerade vorbei - das Wirtschaftswunder war im Wachsen begriffen - die Menschen hatten zwar wenig Geld, waren aber guter Dinge - man suchte nach Gemeinsamkeit und nach menschlicher Nähe. Dem Verein ging es genauso - Geld war knapp - aber es musste etwas geschaffen werden. Der Pachtpreis war nicht sehr hoch - aber er musste bezahlt werden. Der Baggersee war kein Gewässer - in dem die Fische nur so herumschwammen und nur darauf warteten, geangelt zu werden - die Angler wollten natürlich einen Gegenwert für ihren Beitrag und etwas nach Hause bringen - gar nicht so einfach. Aber - die Mitglieder hielten zusammen und meisterten die Schwierigkeiten und die Probleme. Und weil ein Verein so gut ist - wie seine Mitglieder und seine Vorstandschaft sind - weil sie zusammenhalten -weil sie dem Verein mit Leben erfüllen und Optimismus verbreiten - so lebt ein Verein – dieser Verein nun schon seit 1955. Deshalb ist es mir ein Anliegen - in dankbarer Erinnerung an alle Mitglieder zu denken - die den Angelsportverein in diesen Jahren begleitet – mit ihm ihre Freude haben und gehabt haben. Wir denken aber auch mit besonderer Wertschätzung an alle Mitglieder, die nicht mehr unter uns sind. Liebe Vereinskameraden - Ihr verdient unseren Respekt und unsere Wertschätzung.
Mein aufrichtiger Dank gilt auch und vor allem den Vorstandschaften, die in diesen Jahren den Verein geführt - ihn erfolgreich gemacht - Differenzen geschlichtet - Streitigkeiten ausgeräumt - viel Arbeit getan und wenig Dank geerntet haben. Nur der Idealismus war und ist es noch immer - der eine Gemeinschaft vereint und kameradschaftlich verbindet. Kameradschaftliche Bindung erfordert aber die Tugenden der Toleranz – des gegenseitigen Verstehens - die Kraft zum Kompromiss und die Achtung der Meinung des Anderen.
Ich kann nur in kurzen Zügen aus meiner Arbeit als Vorstand dieses Vereins berichten. Es würde hier den Rahmen sprengen um in Details zu gehen - es hat sich viel zu viel getan in diesen Jahren.
Die Chronik sagt - ich bin am 30.11.1960 zum Vorstand gewählt worden – mit mir eine neue Vorstandschaft. Ich präge gleich zu Beginn meiner Rückschau die Feststellung:
Kein Vorstand - keine einzelne Person ist in der Lage - Leistungen zu bringen - keine einzelne Person kann Ruhmesblätter in einem Verein sich irgendwohin heften - es ist die Gemeinschaft einer Vorstandschaft - die in ihrer Gesamtheit Erfolge für sich in Anspruch nimmt - aber auch Misserfolg ertragen und verantworten muss.
Zu meiner Vorstandschaft gehören nicht nur mein Stellvertreter Walter Lux - mein Schatzmeister Werner Lang - mein Schriftführer Hans Schwarz – es gehörten auch in gleicher Weise - in ihrer Meinung beachtet und geschätzt – die Beisitzer Stefan Braun und Eugen Lintz in den Verantwortungsbereich.
Ich weiß nicht - wie lange ich Vorstand war - aber es muss eine lange Zeit gewesen sein.
Der Verein brauchte unter allen Umstäinden eine Erweiterung der Möglichkeiten, dem Hobby ,,Angeln" nachgehen zu können. Am 01.01.1961 konnten die Verhandlungen mit der Stadt - mit dem Bürgermeister und dem Stadtrat - mit einem Pachtvertrag für den Merzbaggersee erfolgreich abgeschlossen werden. Der Pachtvertrag wurde unterzeichnet. Sie meinen - nichts Besonderes" - ein Irrtum.
Um dieses Gewässer hatten sich mehrere Vereine bemüht - u. a. ein Verein aus Stuttgart, der sich bereits als sehr finanzstark entpuppt hatte und Fischwasser an der Donau für sehr viel Geld erworben, bzw. gepachtet hatte. Aber Bürgermeister und Stadtrat blieben ihrer Linie treu. Sie gaben ihr Ja uneingeschränkt dem Rainer Verein. Dass kritische Mitbürger dafür keine Verständnis hatten, erklärt sich von selbst. Nun konnte auch die Mitgliederzahl erhöht werden - die Grundvoraussetzung für ein Angeln hatte sich entscheidend verbessert.
1968 haben wir dann die Fischerhütte - so haben wir sie genannt - gebaut. Das war wohl das größte Husarenstück dieser Vorstandschaft. Übrigens - das darf nicht verschwiegen werden - das Bauwerk wurde während ihres Entstehens auch ,,Gifthütte und Verdruss Hütte" genannt - das aber nur von unseren Frauen und nicht ohne Grund. Die Männer waren ja kaum mehr zu Hause.
Wie kam es dazu:
Wir hatten eine Versammlung in einer Rainer Gastwirtschaft - ich weiß nicht mehr - war es beim Schmelcher oder beim Bäuml. Es war wenig Betrieb - der Wirt wollte ins Bett - die Bedienung auch - wir hatten aber noch zu reden - und wollten nicht gehen.
So aus dieser Stimmung heraus kam plötzlich der Satz: Wenn man uns nicht will - dann gehen wir halt und bauen uns eine eigene Hütte. Der Name war geboren - die erste Spende war 1 DM - der Vorstand wurde beauftragt - die Möglichkeiten auszuloten. Die Vorstandschaft war von dem Gedanken angetan - nicht nur das - man war von dem Gedanken begeistert. Geld hatten wir keines - aber das sollte die Euphorie nicht bremsen - es wird schon irgendwie gehen. Der Verhandlungs- und Informationsmarathon begann. Ich kann nur eines im Voraus sagen - heute wäre der Bau dieses Vereinsheimes absolut nicht mehr möglich.
Standortfrage: Es sollte an einem Vereinsgewässer sein.
1. Gespräche mit Bürgermeister und Stadträten - Kopfschütteln - aber auch positive Reaktionen - Hoffnung kam auf - gleichzeitig Angst, es könnte was werden.
2. Thema Eigenleistungen: Wer war Handwerker im Verein. sieht schlecht aus.
3. Wie kann man billig bauen - eine Hütte - muss nicht anspruchsvoll sein
Fertigbau Ernst. Voranfrage bei der Stadt - Planentwurf vorgelegt. Kreisbaumeister - Wasserwirtschaftsamt - Naturschutz - Bürgermeister - Plan genehmigt - Kein Strom - keine Wasserleitung - Kläranlage – Abwasser - Bau wird von der Stadt und dem Landratsamt genehmigt. Angst vor der eigenen Courage.
Die Begeisterung siegt - plötzlich war die Baugrube ausgesteckt - der Franz Hirschbeck hat die Baugrube ausgeschoben - der Maurer Müller hat Schalzeug angefahren und eingeschalt - da stand plötzlich eine Betonmaschine - Kies war vorhanden - und eines Tages waren l0 - 20 Leute da - der Keller wurde betoniert. Bauleitung hatte die Firma Ernst - Bautafel war aufgestellt - die Firma Ernst lieferte die Fertigteile, die nach unseren Vorschlägen erstellt wurden und da stand nun eine Bauruine. Jetzt geht’s los.
Ich konnte mir nicht vorstellen - bevor ich es erlebt habe - welche Fähigkeiten eine Gemeinschaft locker macht und welche Fachkenntnisse einzelne Kollegen offenbarten. Da wurde der Zahntechniker zum Betonmischer - der Bankdirektor zum Maurer - der Polizeibeamte zum Techniker für Wasser und Gas und viele zum Organisator von allem möglichen Dingen. Einen riesengroßen Anteil am Gelingen des Baus hatte unbestritten mein Freund Stefan Braun. Wir hatten ja keinen Strom - und keine Möglichkeit eines Anschlusses – hatten also kein Licht - konnten keinen Kühlschrank beitreiben - konnten keine Maschine anstecken. Stefan Braun hatte die rettende Idee - Gas war die Rettung. Es wurden Gasleitungen installiert und Leuchtstofflampen angeschafft - und es wurde Licht. Fließendes Wasser war nötig geworden, weil ja auch die Toilettenspülung funktionieren musste - man schlug im Keller einen Brunnen - setzte einen Benzinmotor an eine Pumpe - und wir hatten fließendes Wasser. Wir richteten eine Küche ein - erfuhren, dass es Gaskühlschränke gibt - auf einem Herd konnte man kochen - Geschirr und Besteck wurden geliehen und dann gekauft - die Fischerhütte konnte betrieben werden. Aber - Freunde - alles musste ja auch bezahlt werden - aber wir hatten ja einen Bankdirektor als Schatzmeister - er wird das schon richten. Und er hat das richtig gerichtet - er und sein Vertreter - der Freund Hintermayer - sie haben die finanzielle Situation hervorragend gemeistert - der Verein ist nie in finanzielle Verlegenheit gekommen. Spenden - Sachspenden - Kredite - Bürgschaften - die ganze Palette einer Finanzierung spielte sich ab - schließlich ein Vertrag - genau Zwei - mit einer Brauerei- einmal positiv - einmal negativ. Lieber Werner - lieber Freund Hintermayer - ihr habt Euch um den Verein verdient gemacht. Herzlichen Dank.
Eine besonderes Lob - das haben sie verdient - gilt unseren Frauen. Wir haben in den Anfängen die Gaststätte mit eigenen Mitgliedern betrieben. Das war eine nicht erwartete Erfolgsstory. Jede Familie hat ihren Frühschoppen zum persönlichen Anliegen gemacht. Dementsprechend war er immer gut besucht. So trauten wir uns recht bald an größere Veranstaltungen - wie z.B. an Fischessen. Wie das funktioniert hat, das weiß ich bis heute nicht - auf einem normalen Gasherd haben unsere Frauen an einzelnen Tagen mehr als 100 Forellen zubereitet und verkauft. Das waren stolze Umsätze. Ein besonderer Dank gilt für diese Leistung der Frau Braun - meiner Frau und vielen Küchenhelferinnen. Ich habe ein paar Dinge in dieser Zeit gelernt: l0 Weizenbiere einzuschenken und mit einer Schaumkrone servieren zu lassen; Frauen zu bewundern, die mehr als 100 Forellen geputzt haben und dabei noch Freude hatten, kiloweise Zwiebeln und Kartoffeln geschält - dabei geweint - aber nie gemotzt zu haben; ich habe auch gelernt, dass man 3 Zentner-Schweine im Freien schlachten und verwursten kann und dass kaum etwas übrig bleibt. Der Wurstkessel stand im Freien und ein Stück Ofenrohr war der Kamin.
Aber dieses Vereinsheim bedurfte auch einer intensiven Pflege – die Außenanlagen waren angepflanzt - die Firma Dehner hatte einen LKW voll Sträucher und Koniferen gespendet - alles wurde in Ordnung gehalten. Zwei Männern gilt heute noch unser Dank und unsere Wertschätzung. Für sie war die Fischerhütte ein Teil Heimat und ein großer Teil inneres Anliegen. Dank und Wertschätzung an Donat Fischer und Josef Schwarz.
Aber nicht nur die Fischerhütte lag der Vorstandschaft am Herzen - Weiterentwicklung war angesagt. So wurden die Abelweiher hergerichtet - ausgeschoben und ausgebaggert - Mönche eingebaut und versorgt - Karpfen gezogen und dann ausgesetzt - und auch von Stefan Braun - Donat Fischer und Josef Schwarz gepflegt. Dabei haben amerikanische Soldaten sich als Freunde gezeigt und mit ihren großen Baggern und Raupen den oberen Weiher ausgeschoben.
Es gäbe noch vieles zu erzählen - es war nicht immer nur eitel Freude - es wurde auch gestritten - aber es kam kaum zu persönlichen Beleidigungen. Wo Menschen sind - da menschelt es auch - das ist so - das war so zu allen Zeiten - und das wird auch so bleiben.
Albin Markgraf